Es ist ja hinlänglich bekannt: die aktuelle Wirtschaftslage führt mehr und mehr dazu, dass auch Vorzeige-Absolventen immer häufiger den Weg über teils sogar unbezahlte Praktika in den primären Arbeitsmarkt suchen müssen. Um jedoch nicht als billige Arbeitskraft missbraucht zu werden, soll dir dieser Praktikum-Check ein paar hilfreiche Tipps mit an die Hand geben!
Billige Arbeitskraft oder doch ein sinnvolles Praktikum? Der Praktikum-Ratgeber verrät es dir
Es ist sehr wichtig, sich bereits vor Antritt eines Praktikums klar zu werden, ob man im Praktikum anbietenden Unternehmen wirklich ein willkommener Praktikant oder doch eher nur eine billige Arbeitskraft ist. Aber wie kann man dies vorab herausfinden?
Das Praktikum-Ratgeber-Team möchte dir hierzu folgende Entscheidungshilfen an die Hand geben:
"Praktikum-Vergangenheit" des Unternehmens
Ist das Unternehmen bekannt dafür, dass es Praktikanten einstellt? Werden dort auch Ferienaushilfen eingestellt? Wenn ja, lohnt es beide, wenn möglich, zu befragen und zu schauen, inwieweit sich die Tätigkeiten unterscheiden. Hier ist es durchaus auch hilfreich, zu versuchen, den Kontakt über das Internet bzw. einschlägige Foren sowie Suchmaschinen zu suchen.
Dauer des Praktikums
Je länger das Praktikum, desto im wahrsten Sinne günstiger ist es auch für das Unternehmen. Nach erfolgter Einarbeitungszeit erreicht der Praktikant den Status einer nahezu vollwertigen Arbeitskraft. Wachsen in diesem Stadium die Herausforderungen gleichzeitig mit am Arbeitsplatz und läßt zeitlich die Betreuung durch die Kollegen bzw. den Praktikums-Mentor spürbar nach, so liegt zumindest der Verdacht nahe, dass es sich hier eher um eine günstige Möglichkeit für das Unternehmen handelt, sich eine feste Arbeitskraft zu ersparen. Darum die Faustregel: je länger das Praktikum, desto höher die Gefahr, dass mit zunehmender Monotonie der Arbeitslast gleichzeitig der Erkenntnisgewinn überproportional abnimmt. Dies kann schlußendlich sogar so weit gehen, dass das Zeugnis tendenziell zu einer Arbeitsbescheinigung verkümmern kann!
Bezahlung - was kannst du verdienen?
Wird das Praktikum bezahlt? Wenn in der Praktikums-Ausschreibung "Verhandlungssache" oder gar "keine Bezahlung" steht, so ist dieses als klares Indiz dafür zu sehen, dass Sie als Praktikant nicht als mehrwertige Teamkraft sondern mehr als billige oder gar kostenfreie Arbeitskraft geschätzt werden. Ein guter Arbeitgeber ist immer bereit, je nach Auftrags- und Wirtschaftslage, auch angemessen die Leistung des Praktikanten zu bezahlen. Die Bezahlung des Praktikanten ist zum einen aus Motivationsgründen sicher auch im Sinne des Arbeitgebers, zum anderen auch aus Rücksicht vor dem Praktikanten dringend anzuraten, da dieser zumeist nicht die Möglichkeit hat, neben des Praktikums noch jobben zu gehen
Tipp: Der Studium Ratgeber hält noch mehr Infos zum Thema Bezahlung im Praktikum bereit
Praktikanten-Anzahl im Unternehmen
Eine große Anzahl von Praktikanten im
Vergleich zu den fest angestellten Mitarbeitern sollte für dich ebenfalls ein warnendes Zeichen sein: Bei zu vielen Praktikanten leidet zum einen die Betreuung des einzelnen, zum anderen stehen die Chancen auch nahezu gleich null, im Anschluss an das Praktikum in ein reguläres Arbeitsverhältniss übernommen zu werden. Glück im Unglück: wahrscheinlich wärst du in einem derartigen Betrieb langfristig in einer Festanstellung auch nicht wirklich glücklich geworden!
Vertrag - bekommst du was schriftlich?
Ganz wichtig ist es, dass du einen Praktikanten-Vertrag bekommen, da eine schriftliche Vereinbarung wesentliche Punkte wie Beginn und Dauer des Praktikums, auszuübende Tätigkeiten, tägliche Arbeitszeit, Dauer der Probezeit, Höhe der Vergütung, Dauer des Urlaubs, Vergütung von Überstunden, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie Kündigungsvoraussetzungen festschreiben muß, und diese Punkte auch allesamt ganz wesentlich für den erfolgreichen Verlauf deines Praktikums verantwortlich sind.
Welchen Ruf genießt das Unternehmen - mach dich schlau!
Keine Angst: nicht alle Unternehmen nutzen Praktikanten aus. Aber wie oben schon erwähnt, nimmt nimmt die Zahl der Missbrauchsfälle gerade in schlechten wirtschaftlichen Zeiten zu. Einige Branchen "neigen" hier eher dazu, das Praktikum mit einer billigen Hilfskraft zu verwechseln: Absolvierst du ein Praktikum im kreativen Bereich, zum Beispiel Marketing oder Medien, ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass du mehr als Gebühr arbeiten mußt, da projektorientiertes Arbeiten häufig auch Überstunden bedeutet. Gerade für Absolventen besteht zunehmend die Gefahr einer Karriere als Dauerpraktikant in diesen Branchen wie vor allem Werbung, Marketing, Jura, BWL oder Weiterbildung. In manchen Fällen mißbrauchen Unternehmen gar die Hoffnung des Praktikanten auf einen Berufseinstieg sogar als Köder, um sehr gut ausgebildete Praktikanten für einen "Hungerlohn" einzustellen, und ihn dann, nach Praktikumsende, quasie am Langen Arm verhungern zu lassen. Also Vorsicht vor allem auch vor Unternehmen, die ständig und viel inserieren, besonders in den kostenlosen Onlinestellenbörsen. Diese sind leider allzu häufig Mogelpackungen mit einem hohen Praktikantenverschleiß - jedoch ohne jegliche Einstiegschancen nach absolviertem Praktikum.
Wie kann man sich als Praktikant vor Missbrauch schützen?
Ein wirklicher Schutz vor Missbrauch kann natürlich erst dann initiiert werden, wenn das Praktikum bereits aufgenommen wurde. Praktikanten, die das Gefühl haben, als billige oder gar kostenfreie Arbeitskräfte ausgenutzt zu werden, können sich vor allem dadurch wehren, indem sie diesen Missstand ansprechen und sich vehement Gehör verschaffen. In größeren Unternehmen ist der Betriebsrat der erste vertrauensvolle Ansprechpartner für Probleme. Wenn es keinen Betriebsrat gibt, dann sollte der Betreuer/Arbeitgeber direkt auf die Situation angesprochen werden, z.B. dass der Arbeitsanteil den Lernanteil überwiegt, dass der gesetzlich vorgeschriebene Urlaub nicht gewährt wird, dass regelmäßig Überstunden anfallen usw. Stößt die Beschwerde auf taube Ohren und wird bspw. mit dem Hinweis abgetan, "dass dies ganz normale Usancen dieser Branche seien", kann man für sich entscheiden, das Praktikum vorzeitig zu beenden und einen weiteren Versuch in einem anderen, dann hoffentlich Praktikanten freundlicheren Unternehmen starten. Aber man hat auch die Möglichkeit, sich auch vor Gericht zu wehren. Bei Verstößen gegen die Rechte als Arbeitnehmer genießen Gewerkschaftsmitglieder Rechtsschutz, d.h. kostenlose Rechtsvertretung bei arbeitsrechtlichen Problemen. Das gilt auch für Praktikanten.
Tipp: Studenten wird immer wieder angeraten Praktika zu machen. Mehr Infos rund ums Praktikum für Studenten findest du bei uns!